Heute wurden unterhalb von unserem Grundstücke drei Kühe – wohl erstmals nach dem Winter – auf die Weide gelassen. Mit wilden Bocksprüngen und neugierigem Hin- und Herrennen taten sie ihre Freude darüber kund. Nachdem sie jede Ecke der neuen Weide erkundet haben, lassen sie sich jetzt genüsslich das frische Gras schmecken und schauen immer ganz aufmerksam, wenn sich auf unserem Grundstück was bewegt. Unsere beiden Hunde begrüßten die Neuen zuerst mit großen Gebell, jetzt hat sich die Lage bereits beruhigt, denn die Kühe lassen sich nicht stören von den lärmenden Vierbeinern auf der anderen Seite des Zauns und für die wird es dann langweilig.
Das ganze Verhalten der Rinder zeigt, dass sie intelligente und neugierige Tiere sind. In der Natur haben sie gemäß der Albert Schweitzer Stiftung einen hohen Raumbedarf: Etwa zehn Stunden pro Tag verbringen freilebende Kühe mit dem Abgrasen von Wiesen, wobei sie im langsamen Vorwärtsgang mehrere Kilometer zurücklegen und sich zwischen den Phasen der Nahrungsaufnahme niederlegen, um bereits vorverdaute Nahrung wiederzukäuen. Kühe sind zudem soziale Tiere, die einen ständigen Kontakt zu ihren Artgenossen suchen. Besonders stark ist die Bindung zwischen einer Mutterkuh und ihrem Kalb, das vom Moment der Geburt an intensiv gepflegt, vor Gefahren geschützt und genährt wird.
Eine Kuh ist erst mit fünf Jahren ausgewachsen und kann bis zu 20 Jahre alt werden. Sie wiegt zwischen 500 und 800 Kilo und wird bis zu 1,50 Meter groß. Auf der Weide verspeist sie täglich circa 50 bis 70 Kilo Gras, Klee und Kräuter und trinkt 80 bis 100 Liter Wasser.
Aktuell werden in Deutschland mehr als 12,5 Millionen Rinder gehalten. Darunter sind rund 4,2 Millionen sogenannte Milchkühe. Ein Großteil (ca. 72 Prozent) lebt in Laufstallhaltung. Dies bedeutet häufig, dass die Kühe in engen Ställen gehalten werden, die im gesamten Fress- und Bewegungsbereich oft mit rutschigen Spaltenböden ausgelegt sind. Die Liegeboxen sind häufig mit Bodenbelägen aus Gummi oder selten auch mit Einstreu ausgestattet. Die meisten Milchkühe leben in Betrieben mit 50 bis 99 Tieren, wobei jedem nur ca. 4,5 Quadratmeter Platz zur Verfügung steht.
Immerhin noch 27 Prozent aller Milchkühe leben in der nur langsam auslaufenden Anbindehaltung (meist in kleineren Betrieben). Sie sind hier zu fast völliger Bewegungslosigkeit gezwungen: Über Halsrahmen oder Ketten werden die Tiere in Gittervorrichtungen fixiert. Permanent an ein und dieselbe Stelle gebunden, können die Tiere sich oft ein Leben lang nicht einmal umdrehen, gehen oder Sozialverhalten mit ihren Artgenossen ausleben.
Nur knapp 42 Prozent aller Milchkühe werden zum Grasen auf die Weide gelassen – und das für durchschnittlich fünfeinhalb Monate im Jahr. Einige bekommen niemals in ihrem Leben eine Wiese zu sehen. Lässt schon die Haltung von Milchkühen in den meisten Fällen und in etlichen Details viel zu wünschen übrig, so ist auch der eigentliche Prozess der Produktion von Milch in vielerlei Hinsicht fragwürdig: Da Kühe nur dann Milch geben, wenn sie ein Kalb geboren haben, werden sie kontinuierlich einmal im Jahr künstlich befruchtet.
Die neugeborenen Kälber werden bereits kurz nach ihrer Geburt von ihren Müttern isoliert, wobei die Trennung zu einer oft tage- oder sogar wochenlangen Verstörung der Tiere führt. Zweck der Trennung ist das Vorbehalten der Muttermilch für den menschlichen Verzehr – die Kälber selbst werden fortan oft mit Milchaustauscher gefüttert. Während den weiblichen Kälbern in der Regel eine Zukunft als Milchkuh bevorsteht, erwartet die männlichen Tiere meist die Kälbermast oder Rindermast. Das bedeutet ein kurzes Leben meist isoliert von Artgenossen in einer engen Box.
Was man dagegen tun kann? Jede Menge, denn die Verbraucher haben mit ihrem Kaufverhalten die Macht und bestimmten das Angebot. Darum sollte man nur Bioprodukte kaufen oder Produkte vom Bauern um die Ecke, wenn man weiß, wie dort die Tiere gehalten werden. Gerade auf dem Land findet man oftmals Kühe, die glücklich mit ihren Kälbern auf der Weide stehen, und das ist nicht nur Bio. Lieber ein paar Euro mehr für Fleisch und Milch ausgeben, denn das kommt der eigenen Gesundheit und auf jedem Fall auch dem Geschmack zugute. Und man sollte sich immer und immer wieder gegen die Intensivtierhaltung einsetzen.